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Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH: Interview mit Dr. Hubertus Bartsch zur Unternehmensanleihe

finanzen.net: Da Sie vor etwa einem Jahr bereits eine Anleihe emittiert haben, ist Ihre Gesellschaft für deutsche Anleger kein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Wären Sie dennoch so freundlich und würden das Geschäftsmodell der Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig in zwei oder drei Sätzen kurz vorstellen?
Dr. Hubertus Bartsch:
 Wir sind ein international tätiger Produzent von Motor- und Getriebeteilen (Zahnräder, Synchronisierungen, Wellen), Getriebebaugruppen und Komplettgetrieben für die Automobilindustrie. Wir produzieren erfolgreich in Leipzig und Sučany, Slowakei, für Unternehmen der Automobilmarken Volkswagen, AUDI, SEAT, Skoda, Daimler, Nissan und BMW und damit nahezu alle namhaften deutschen und teilweise auch internationalen Automobilhersteller. Unsere Schwestergesellschaft NZWL International verfügt zudem seit Oktober 2014 über einen Produktionsstandort in Tianjin, China.

Die Automobilkonjunktur weist vor allem in China und in den USA seit Jahren ein hohes Momentum auf, während Europa bislang nicht so recht in Fahrt gekommen ist. Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in den kommenden Jahren und wie stark ist Ihre Firma vom Wohl und Wehe der Autobranche abhängig?
Wir gehen auch in Europa von einer langfristig stabilen Nachfrage aus. Diese Entwicklung wird nicht nur durch unsere zusätzlichen mehrjährigen Neuaufträge aus 2014 belegt, sondern auch durch eine aktuelle Studie, in der für Europa ein jährliches Wachstum des Produktionsvolumens von 2,1 Prozent von 2013 bis 2021 prognostiziert wird. Nordamerika soll sich mit einem Wachstum von 2,0 Prozent ähnlich entwickeln. Generell gilt aber: Wir stellen Weltmarktprodukte her. Wenn unsere Synchronisierungen in Getriebe-Aggregaten verbaut werden, können diese nach Amerika, nach Asien oder nach Europa gehen – ganz egal. Deshalb ist für uns die weltweite Entwicklung des Automobilmarktes relevant und dafür wird ein Wachstum von 2,8 Prozent von 2013 bis 2021 prognostiziert.
Es ist aber auch richtig, dass die langfristigen Wachstumsperspektiven der Automobilbranche unverändert durch China getrieben werden. So wird für Greater China ein jährliches Wachstum von 5,0 Prozent von 2013 bis 2021 vorhergesagt. Das Produktionsvolumen soll in diesem Zeitraum von 21,3 Millionen auf 31,5 Millionen Stück steigen.

Mit welchen Kunden betreiben Sie besonders intensive Geschäftsbeziehungen? 
Unser Hauptkunde ist VW. Hier ist in den vergangenen Jahren eine erfolgreiche strategische Partnerschaft entstanden. Auf dieser Basis haben wir 2014 den Aufbau eines Produktionsstandortes für Synchronisierungen in China durch die NZWL International finanziert. Die langfristigen Produktionsaufträge von VW wurden bereits endverhandelt und mündeten in die erwähnte dauerhafte strategische Partnerschaft.

In China wollen Sie noch im ersten Halbjahr die Produktion aufnehmen. Wie liegen Sie hier im Plan und welche Kapazitäten sollen auf lange Sicht vom chinesischen Werk übernommen werden?
Der Start der Serienproduktion in China ist planmäßig für Juli 2015 vorgesehen, nachdem im ersten Schritt im Dezember 2014 die Vorserienproduktion bereits erfolgreich anlief. Durch die zusätzlichen mehrjährigen Neuaufträge aus 2014 ist die geplante jährliche Produktionsmenge von ca. 0,9 Millionen Sätze auf cirka 1,3 Millionen Sätze gestiegen. Darüber hinaus befindet sich die produzierende Tochtergesellschaft der NZWL International in aussichtsreichen Auftragsverhandlungen zum weiteren Ausbau des China-Geschäftes.

Sind Sie mit dem Geschäftsverlauf in 2014 zufrieden und wie haben sich 2014 Umsatz und Ergebnis konkret entwickelt?
Wir sind sehr zufrieden, denn 2014 konnten wir in allen drei Produktbereichen unsere Single-Sourcer-Stellung bestätigen und wesentliche operative Fortschritte erzielen. Dabei ist es uns gelungen, unsere Wachstumsstrategie schneller umzusetzen als wir es ursprünglich Anfang 2014 geplant hatten. So konnten wir früher als erwartet den zweiten Produktbereich (Zahnräder und Wellen) erfolgreich in die Großserie überführen, nachdem uns dies zuvor mit dem Produktbereich Synchronisierungen gelungen war.
In den ersten neun Monaten 2014 konnten wir den Konzernumsatz um 6,1 Prozent auf 55,7 Millionen Euro verbessern. Unsere Ertragslage blieb weiterhin stabil – und zwar trotz der Kosten für die erfolgreiche Anleiheemission im März 2014, trotz eines außerordentlichen Ergebnisses von minus 0,6 Millionen Euro und trotz eines temporär gestiegenen Finanzergebnisses von minus 1,5 Millionen Euro.
Für das Gesamtjahr 2014 gehen wir von einer Umsatzsteigerung auf 75,2 Millionen Euro aus. Trotz Einmaleffekten von insgesamt 0,8 Millionen Euro aus außerordentlichen Belastungen durch die Anleiheemission im März 2014 und temporär erhöhten Zinsen soll der Konzern-Jahresüberschuss nach Steuern planmäßig 1,1 Millionen Euro erreichen.
… und welche geschäftlichen Perspektiven können Sie Investoren für die kommenden Jahre in Aussicht stellen?
Wir gehen davon aus, dass wir – unter Berücksichtigung der Einmaleffekte aus der aktuellen Anleiheemission – unsere positive Umsatz- und Ertragsentwicklung der vergangenen Jahre fortsetzen können. Zuversichtlich stimmen uns dabei insbesondere die weiteren mehrjährigen Neuaufträge, die wir 2014 in Europa erhalten haben und die zu einem zusätzlichen Umsatzbeitrag von cirka 17 Millionen Euro pro Jahr ab 2017 führen werden. Die ersten Umsätze werden sich voraussichtlich schon 2016 realisieren.
In China konnte die produzierende Tochtergesellschaft der NZWL International 2014 für den neuen Produktionsstandort in Tianjin weitere Neuaufträge mit einen zusätzlichen Umsatzbeitrag von cirka 10 Millionen Euro pro Jahr ab 2017 abschließen. Auch hier werden sich die ersten Umsätze voraussichtlich bereits 2016 realisieren.

Anleger können vom 9. bis voraussichtlich 13. Februar Ihre Unternehmensanleihe zeichnen. Über welche Konditionen verfügt sie und wofür sollen die frischen Mittel verwendet werden? 
Unsere Unternehmensanleihe bietet über die Laufzeit von sechs Jahren einen Kupon von 7,50 Prozent p.a. bei einem Emissionsvolumen von bis zu 25 Millionen Euro.
Die Covenants beinhalten u. a. eine Negativverpflichtung auf Finanzverbindlichkeiten, eine Positivverpflichtung, eine Kontrollwechsel- und Drittverzug-Klausel, eine Verschuldungsbegrenzung (Nettofinanzverbindlichkeiten/EBITDA: <6,5 in 2015, <5,9 ab 2016) sowie eine Ausschüttungsbegrenzung auf max. 25 Prozent des HGB-Jahresüberschusses.
Ungefähr 40 Prozent des Nettoemissionserlöses sollen als Darlehen zur Finanzierung der Erweiterung des Produktionsstandortes in Tianjin, China, sowie als Working Capital der Tochtergesellschaft der NZWL International ausgereicht werden. Etwa 45 Prozent sind für die Finanzierung von Erweiterungsinvestitionen, Prozessinnovation und -diversifikation an den europäischen Standorten vorgesehen. Die verbleibenden cirka 15 Prozent dienen dem Ausbau der Wertschöpfungskette durch anorganisches Wachstum.

Ihre vor einem Jahr emittierte Unternehmensanleihe notierte bis dato stets über 100 Prozent und entwickelte sich damit deutlich besser als so manche andere Mittelstandsanleihe. Eine Frage drängt sich aber dennoch auf: Warum zapfen Sie bereits nach einem Jahr den Kapitalmarkt erneut an? 
Wir benötigen die frischen Mittel ausschließlich zur Finanzierung des beschleunigten Unternehmenswachstums in Europa und China. 2014 haben wir nicht nur wichtige strategische Meilensteine schneller als geplant erreicht, sondern es wurden auch substanzielle zusätzliche Neuaufträge in Europa an NZWL und in China an die produzierende Tochtergesellschaft der NZWL International vergeben. Wir haben uns diese Entwicklung vielleicht erhofft, aber wir konnten Anfang 2014 keinesfalls damit planen. Deshalb war das damalige Volumen das richtige.
Die aktuelle Entwicklung macht nun neue Investitionen nötig, um dieses Wachstum, das ja mit festen langjährigen Aufträgen unterlegt ist, zu finanzieren. Vor diesem Hintergrund haben wir uns in Abstimmung mit unseren Partnern DICAMA und Steubing erneut für eine Anleiheemission entschieden, nachdem wir bereits mit unserer ersten Anleihe sehr gute Erfahrungen gemacht hatten.

Zur Person:
Dr. Hubertus Bartsch ist seit 1999 geschäftsführender Gesellschafter der Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH. Er verantwortet die Bereiche Finanzen, Vertrieb/Marketing, Einkauf, Rechnungswesen/Controlling, Personal und Qualität/IT/Organisation. Dr. Bartsch ist seit 1990 in der Automobilindustrie tätig und verfügt über langjährige Erfahrungen in den Bereichen Management, Controlling, Prozessmanagement, Personalmanagement, Reorganisation und Rationalisierungen.

 

Quelle: http://www.finanzen.net